[2020]
43. Förderpreis für bildende Kunst, Städtische Galerie, Bremen
Durchgang, Keramik, Glas
Drei Keramik- und eine Glasplastik stehen in direkte Beziehung eines architektonisch merkwürdigen Übergangsortes, der eigentlich nicht als Ausstellungsraum vorgesehen ist. Obwohl hier zwei unterschiedliche Bereiche des Hauses sichtbar zusammentreffen, stellt der Durchgang zwischen Kleiner und Großer Galerie, der in seiner Zickzackbewegung dem Verlauf unterschiedlicher Außenmauern von großem Durchmesser folgt, wegen des besonderen Grundrisses in der Wahrnehmung eine Art eigenen Raum dar. Darauf weist Esther Adam deutlich hin, indem sie diesen Raum nicht nur besetzt, sondern seine Funktionalität als Durchgang einschränkt, da zwei Keramikkegel den Weg zu versperren scheinen. Besucher*innen können zwar problemlos passieren, müssen sich aber an den Plastiken mit Vorsicht vorbeischieben. Die materielle Qualität der Arbeiten, dass sie durch die glänzende Glasierung fest wie Metall wirken, erhöht diese Wirkung, die durch das spitze Zulaufen der Werke eine tatsächliche Gefährdung suggeriert.
Demgegenüber steht der grünliche, wie Glas wirkende Kegel am Boden, der in seiner Setzung am Ende des Durchgangs eher selbst gefährdet scheint. Andererseits erhöht die Platzierung aller vier Kegel in unweigerlicher Nähe und direkter Beziehung zu den Betrachter*innen die haptische Wirkung und das Bedürfnis, die Werke zu berühren, was wiederum deren Fragilität betont. Mit ihrer Geste, die Keramiken aus der Wand in den Raum „wachsen“ zu lassen, erzeugt Esther Adam unvermeidliche figurative Assoziationen an Hörner, Zungen, Eiszapfen, Stalaktiten/-miten, was durch den Höhlencharakters des Durchgangs kommt, der wesentlich durch die entstandene Enge bedingt ist.
Die Plastiken erhalten in der Ambivalenz zwischen autonomem Kunstwerk mit seinen skulpturalen Qualitäten und Raumelement eine gesteigerte Präsenz und fassen den gesamten Durchgang inklusive seines Ein- und Ausgangs als künstlerische Setzung, in der die Keramikkegel gar nicht mehr so sehr wie eine Intervention wirken, sondern neue Perspektiven im Raum eröffnen. Dies lässt sich im Blick von einer Galerie in die nächste sehen, in dem die Plastiken die Dimensionen zu verschieben scheinen, der Raum wirkt, als würde er in die Fläche fallen und umgekehrt.
Ingmar Lähnemann, Städtische Galerie, Bremen
Foto-Credit: Jens Weyers